Tino Gärtner sieht aus wie ein richtiger Förster: Filzhut, langer Bart, grüne Dienstkleidung und kräftige Hände. Er steht auf einem Pfad in der Kirchhainer Waldlandschaft inmitten einer Traube von Kindern, die ihn erwartungsvoll anschauen. Gärtner hebt den Arm und zeigt in den Himmel: „Heute scheint die Sonne, aber im Herbst gibt es auch viel Regen. Wir bauen jetzt einen Regenunterstand, alles klar?“. Ratloses Schweigen. Die zwischen vier und 15 Jahre alten Kinder sprechen Arabisch, Russisch oder Französisch, aber kein Deutsch. Sie leben mit ihren Eltern in der Erstaufnahme für Geflüchtete in Doberlug-Kirchhain. Die meisten von ihnen sind erst seit wenigen Wochen in Deutschland. Gärtner weiß sich zu helfen. Er deutet auf ein Gerüst aus dünnen Baumstämmen, das er wenige Meter weiter für die Kinder vorbereitet hat und faltet mit seinen Händen ein Dach über dem Kopf: „Wir brauchen jetzt ganz viele Äste“. Die Kinder nicken begeistert und schwärmen aus.
Tino Gärtner arbeitet als Ranger für die Brandenburger Naturwacht und bietet in der Niederlausitzer Heidelandschaft regelmäßig Erlebnis- und Entdeckertouren an. Vor einiger Zeit hat ihn die DRK-Flüchtlingshilfe Brandenburg angefragt, ob er auch Waldtouren für die Erstaufnahmeeinrichtung organisieren kann. Tino Gärtner sagte sofort zu. Wasserräder bauen, Staudämme errichten und Tiere mit Ferngläsern beobachten die Kinder sind vom Ranger-Programm so begeistert, dass die DRK-Kinderbetreuerinnen Janet Kowal und Courtina Türke mittlerweile nur noch wenige Familien ansprechen, um die Enttäuschung bei denjenigen zu begrenzen, die zu Hause bleiben müssen. „Hier im Wald können sich die Kinder auspowern und zur Ruhe kommen. Das tut ihnen richtig gut“, sagt Kowal.
Die kleinen Ranger haben mittlerweile jede Menge Äste angeschleppt, die sie in vorbildlichem Teamwork auf das Gerüst hieven. Ihre Gesichter sind rosig. Es dauert nicht lange, da ist der Regenschutz auch schon fertig gebaut und wird stolz präsentiert. „Für den Regen“, sagt die siebjährige Lelas auf Deutsch und grinst.